Friendly Fire

Vor der Saison wechselte Mark-Oliver Bothe von Lilienthal nach Leipzig. Jetzt steht er seinen ehemaligen Kollegen im Meisterschaftsfinale gegenüber – und war zuletzt mitverantwortlich für eines der sensationellsten Comebacks der Liga-Geschichte.

Hättest du gedacht, dass dich das Schicksal nach deinem Wechsel gleich auf eine solche Probe stellt? Finale gegen Lilienthal. Was schwirrt da einem durch den Kopf?

Mark-Oliver Bothe: Hätte man mich das am Anfang der Saison gefragt, wäre meine Antwort wohl eher ’nein‘ gewesen. Aber spätestens seit dem Final4 habe ich mich langsam darauf eingestellt, dass es tatsächlich zu dieser Konstellation im Endspiel kommen könnte.

Und wie war’s?

Es ist ein sehr komisches Gefühl gewesen, in Lilienthal auf der „falschen“ Seite einzulaufen, die Halle von der Stimmung her gegen seine Mannschaft zu haben. Dadurch dass es ja auch das vorerst letzte Heimspiel der Wölfe war, waren viele Emotionen im Spiel. Es war nicht leicht, diese vollständig auszublenden.

Dann schick man dich auch noch zum Penalty. Weil du weißt, wo Nils Hallerstede offenlässt?

Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Penaltys ich in den Trainings schon auf Nils geschossen habe (lacht). Es waren unfassbar viele. Ich habe mich sicher gefühlt und mir deswegen den Ball genommen. Beim ersten Versuch ging es ja auch gut. Jetzt führt Nils mit 2:1. Also mal schauen, ob wir das am kommenden Wochenende vielleicht noch gedreht bekommen.

Der Verlauf war Wahnsinn. Das erste Drittel war eine ganz kalte Dusche für euch.

Im ersten Drittel war Lilienthal brutal effektiv vor unserem Tor. Ich muss wohl Janos nochmal fragen, was er vor dem ersten Drittel als Vorbereitung gemacht hat. Vier Tore in einem Drittel passieren ja nicht so häufig.

Guter Mann – In der Ligaphase schoss Bothe 20 Tore in 18 Spielen.

Ihr wart jedenfalls noch nicht bereit.

Ich würde es auf Nervosität schieben. Für viele Spieler war es das erste Finale, da ist es schwer, in sein Spiel zu finden. Lilienthal hat es aber auch einfach clever gemacht und uns ordentlich vorgeführt, 30, 40 Minuten lang.

Dafür habt ihr im Schlussdrittel alles gerettet. Pousi war nicht mehr zu halten, du hast das 9:8 gemacht. Wo kam dieser Aufschwung her?

Das Schlussdrittel war mit Sicherheit das verrückteste meiner bisherigen Laufbahn. So etwas habe ich noch nie erlebt. Wir hatten nach dem verwandelten Penalty zum 9:5 aber auch rein gar nichts mehr zu verlieren, haben alles reingeworfen und das Glück im Abschluss erzwungen. Außerdem haben wir Ville gesagt, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, um mal wieder mit dem Scoren anzufangen. Schön, dass er dieser Aufforderung nachgekommen ist.

Worin wird sich das Spiel am nächsten Samstag unterscheiden?

Beide Teams werden sicherlich ihre Schlüsse aus dem ersten Spiel ziehen und einige Sachen verändern. Aber da beide Mannschaften eher einen fröhlichen Offensiv-Floorball zelebrieren, gehe ich davon aus, dass auch am nächsten Samstag wieder viele Tore fallen werden. Die Zuschauer werden also erneut voll auf ihre Kosten kommen. Im Ergebnis wird sich das Spiel dann hoffentlich nicht unterscheiden. Auch, wenn ich so einen Krimi vielleicht nicht nochmal brauche, ich werde ja auch nicht jünger.

Dann haben wir Ville gesagt, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, wieder mit dem Scoren anzufangen.

Warum hast du den TVL eigentlich verlassen?

Der Plan war eigentlich ein Studium in Leipzig anzufangen. Naja, so richtig geklappt hat das nicht, aber dieses Jahr soll es dann endlich losgehen. Außerdem hatte ich irgendwie Lust auf einen Luftwechsel bekommen und bin dann über zwei Ecken an den MFBC geraten. Eine tolle Mannschaft mit großem Potenzial, die bereits in Ihrer ersten gemeinsamen Saison eine Chance auf den Titel hat. Da kann man nicht meckern.

Am Wochenende wird die Geschichte des TVL in der Bundesliga vorerst enden. War es zu deinem Abschied schon abzusehen, dass ein solches Problem kommt?

Eine interessante Frage, die ja auch schon in dem ein oder anderen Artikel von euch thematisiert wurde. Ich bin aber nicht in der Position, um mich dazu großartig zu äußern. Ich hätte nicht gedacht, dass die Mannschaft innerhalb eines Jahres komplett auseinanderbrechen würde und man den Bundesliga-Betrieb einstellen muss. Das hat mich tatsächlich etwas überrascht und auch traurig gemacht. Schließlich hab ich dort das Spielen gelernt und alle Schritte von der Kleinfeld-Regionalliga bis in die Bundesliga absolviert. Ich wünsche dem TV Lilienthal aber, dass der Neuanfang gut gelingt. Und wer weiß, vielleicht kommen die Wölfe ja in ein paar Jahren zurück. Fehlen werden sie in der Bundesliga definitiv.

Fotos: Christine Höfelmeyer