Die richtigen Schlüsse ziehen

Die U19 Weltmeisterschaften sind vorbei. Die deutschen Teams konnten in einigen Spielen überzeugen, teilweise bleiben sie aber auch hinter den Erwartungen zurück. Wir lassen die beiden Turniere nochmal Revue passieren und ordnen die Ergebnisse für euch ein.

Es war die Überraschung bei der U19 Damen WM: Das deutsche Team konnte gegen die Schweizerinnen ein 1:1 Unentschieden erkämpfen. Tatsächlich wäre sogar der Sieg drin gewesen. Denn bis 25 Sekunden vor Schluss führte Deutschland noch mit 1:0. Doch dann traf Selma Bergmann den Ball perfekt per Volley und netzte zum erlösenden Ausgleich für die Schweizerinnen. Beinahe wäre den Deutschen auch noch der eine Punkt verwehrt geblieben. Denn anstatt weiter im Kollektiv zu verteidigen, wurde die letzten Sekunden nochmal ordentlich gepresst, was die Schweiz zu einem sehr gefährlichen Konter einlud. Schlussendlich steht mit einem 1:1 ein historisches Ergebnis für die deutschen U19 Damen auf dem Papier, ein Erfolg der allen Beteiligten, insbesondere den Spielerinnen absolut zu gönnen ist.

Doch wer nach dem Ergebnis behauptet, wir hätten den Anschluss zu den Top-4 Nationen endlich hergestellt, der hat entweder das Spiel nicht gesehen, oder keine Ahnung von diesem Sport. Zwar liest sich ein Unentschieden natürlich super, aber es ist eben nur ein 1:1 und kein 8:8. Letzteres Ergebnis würde zumindest auf einen offenen Schlagabtausch hindeuten, 16 Tore fallen eben nicht von selbst. Stattdessen steht ein 1:1 zu Buche – weil der Underdog sich auf 20 Prozent hinten reinstellt und der Favorit es nicht schafft den Ball im Tor unterzubringen. Zum einen weil sich beim Außenseiter alle komplett reinhängen und alles geben um jeden Schuss zu verteidigen, aber auch weil es halt auf der anderen Seite dann an einem von hundert Tagen einfach mal nicht so läuft.

Ein Spielverlauf der auch nochmal durch Statistiken untermauert wird: Lena Baccus hatte in dem Spiel eine Quote von 97% gehaltener Schüsse. Insgesamt flogen 30 Schüsse der Schweizerinnen an der deutschen Deckung vorbei auf das Tor von Baccus. Auf der anderen Seite gaben die Deutschen lediglich sechs Schüsse auf das schweizer Gehäuse ab. Es sollte also keiner behaupten, dass wir hier plötzlich den Anschluss zu den Top-4 Nationen hergestellt hätten. Denn das ist nicht der Fall. Dafür hätten wir in dem Spiel ebenbürtig mitspielen müssen und bis das soweit ist, ist es noch ein langer und harter Weg. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es wohl aber die beste Taktik, um mal gegen eine Top-4 Nation zu punkten. Gegen einen sehr tief stehenden Gegner muss man eben auch erstmal treffen und wir sehen immer wieder, dass Underdogs so Spiele gewinnen können. Man erinnere sich an Bonn, die vor Jahren als Zweitligist Weißenfels mit 2:1 im Pokal besiegten. Doch es gilt diese Ergebnisse richtig einzuordnen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Umso erschreckender war es dann später am selben Tag zu sehen, dass die deutsche Offensive gegen Russland nicht einmal den Weg aufs Scoreboard fand. Mit 0:2 ging das Gruppenspiel gegen die Russinnen verloren. Nach dieser Enttäuschung, die den letzten Platz in der Gruppe bedeutete, gelang es dem Team um Kapitänin Julia Diesener im letzten Spiel des Turniers nochmal eine richtig gute Leistung zu zeigen. Es ging erneut gegen die Russinnen und die deutschen U19 Damen nutzten die Chance und nahmen Revanche. Erneut war es ein ausgeglichenes Spiel, mit dem Unterschied, dass die Deutschen dieses Mal auch das Tor trafen. Erstmals im Turnier traf man mehr als einmal pro Spiel. Mit 4:3 wurden die Russinnen besiegt, was am Ende einen achten Platz bedeutet. Das wichtigere Spiel gegen Russland konnte Deutschland also für sich entscheiden. Dennoch wurde insgesamt deutlich, dass Nationen wie Lettland, Polen oder die Slowakei uns um einiges voraus waren. Dem deutschen Damen-Floorball mangelt es an Nachwuchs. Das ist zwar keine neue Problematik, aber sie ist bei dem Turnier mal wieder deutlich geworden.

Die deutschen U19 Damen landen am Ende auf dem achten Platz //Foto: IFF / Adam Troy

Glück gehabt?

Am Ende war es ein sechster Platz für die deutsche U19 Herren-Nationalmannschaft. Doch insbesondere im abschließenden Spiel um Platz fünf gegen Lettland wurde deutlich, dass nicht alles so rosig zu sein scheint, wie es zunächst den Anschein machte. Gegen die Balten gab es eine deutliche 1:8 Niederlage, die sich gewaschen hatte. Wäre Deutschland in eine Gruppe mit Lettland gelost worden hätte man recht sicher bereits dort eine Niederlage einstecken müssen und dann wäre es mit einem Verbleib in den Top-8 deutlich schwieriger geworden. Doch so hatten die Deutschen Losglück und mussten nur gegen Dänemark antreten, die mit einem schwachen Jahrgang ins Turnier gingen und schlussendlich nur neunter wurden.

Trotzdem war es kein schlechtes Turnier der deutschen U19 Herren. Ein sechster Platz ist ein gutes Ergebnis, auch wenn er durch die glückliche Gruppenkonstellation begünstigt wurde. Dazu zeigte das Team um die Kapitäne Paul Dall und Leo Häfner vor allem gegen Dänemark eine überzeugende Leistung und auch gegen Schweden und die Schweiz konnten sie phasenweise gut mithalten. Am Ende waren es dann aber gegen die Top Nationen ein paar Fehler zu viel, die das Ergebnis in die Höhe trieben, da alle Fehler sofort mit Gegentreffern bestraft wurden.

Bachmann (86) eine der positiven Entdeckungen der U19 WM //Foto: IFF / Martin Flousek

Verlieren wir den Anschluss?

Wie wird es in Zukunft weitergehen? Werden deutsche Teams bei Weltmeisterschaften in den nächsten Jahren gute Platzierungen erreichen oder ziehen wir den Kürzeren gegen Lettland, Polen, Norwegen und Co? Ein Thema was dabei noch zu einem großen Faktor werden kann, ist die Corona Pandemie. Denn die Sportwelt wurde in Deutschland deutlich härter durch die Pandemie getroffen, als anderswo. In Schweden und der Schweiz, aber auch in Lettland und sogar in Österreich wurde die Saison 2020/21 zu Ende gespielt. In Deutschland stehen jetzt die ersten Pflichtspiele seit zehn Monaten an. Welche langfristigen Auswirkungen das auf unsere Sportart hat lässt sich zu gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wirklich abschätzen. Fest steht aber, dass insbesondere die Jugend ein Jahr in ihrer Entwicklung verloren hat.

Deswegen ist es jetzt umso wichtiger, dass wir die kommende Saison ohne große Probleme durchführen können. Denn noch ein weiteres Jahr ohne Spielbetrieb dürfte uns im internationalen Vergleich dann wirklich arg zurückfallen lassen.